Recht ohne Gesetz?
In Deutschland leben patriarchal strukturierten Einwandererfamilien für die Ehre, Stolz und Familiensolidarität über unseren Gesetzen stehen. Diese Menschen haben ein archaisches Stammes-Rechtsverständnis importiert, das die Anwendung körperlicher Gewalt zur Konfliktlösung billigt, in dem Zwangsverheiratungen, Blutrache und Ehrenmorde legitim sind.
Doch warum haben sich diese Einwanderer nicht unseren Wertevorstellungen angepasst? Ein Teil der Schuld lässt sich in der verfehlten Integrationspolitik finden. So hat man den meisten der 200.000 Flüchtlingen, die in den 70ern und 80ern dem Bürgerkrieg im Libanon entflohen sind, nicht gestattet, eine Arbeit aufzunehmen oder zur Schule zu gehen. In der Folge haben sich ihre ohnehin schon nach außen abgeschotteten Clanstrukturen noch weiter verfestigt, der Staat wurde abgelehnt und sie haben sich andere Betätigungsfelder gesucht. Und so dominieren heute beispielsweise in Berlin arabische Familienclans die organisierte Kriminalität.
Auch wenn nicht alle Familienmitglieder kriminell sind – die teils mehrere tausend Menschen umfassenden Clans halten zusammen und klären Probleme unter Ausschluss der Justiz. Werden Verbrechen begangen, ziehen Clanoberhäupter und Friedensrichter hinter den Kulissen die Strippen, schlichten nach Ihren Maßstäben und sorgen dafür, dass die Täter der Verfolgung durch den deutschen Rechtsstaat entgehen. Ihr Argument: Nur so werde weiteres Blutvergießen verhindert. Doch Richter warnen: Bei diesen Schlichtungen werden die Schwachen unter Druck gesetzt. Es soll um jeden Preis verhindert werden, dass Opfer und Zeugen Familienmitglieder belasten. Und wenn es doch zur Auseinandersetzung kommt, schrecken die Betroffenen auch nicht davor zurück, Polizei und Justizpersonal zu bedrohen. Selbst vor eigenen Familienmitgliedern machen sie bei der Androhung und auch der Ausübung schwerster Gewalt nicht halt. Wenn sich Frauen etwa Zwangsverheiratungen widersetzen, begeben sie sich häufig in Lebensgefahr.
Kann ein solches Rechtsverständnis einen Platz in unserem Rechtsstaat haben? Einige der Menschen, die danach leben, betonen, dass sie ihre Traditionen nicht von heute auf morgen aufgeben können. Speziell vor dem Hintergrund der aktuellen Zuwanderung von Flüchtlingen, die ebenfalls größtenteils aus patriarchalen Strukturen kommen, warnen Rechtswissenschaftler, Richter und Polizisten jedoch: Wenn sich nicht bald etwas ändert, gerät das staatliche Gewaltmonopol in Gefahr.
Unsere Protagonisten:
Im Rahmen unserer Dokumentation treffen wir den Friedensrichter Mustafa Özbek, der uns erklärt, wie er Streitigkeiten zwischen Familien schlichtet, um Blutvergießen zu verhindern. Er trifft sich mit seinem Neffen Rezan, der beschreibt, dass man sich nicht immer an das deutsche Gesetz halten kann und dass Selbstjustiz geübt wird, wenn die Ehre verletzt wird oder ein Familienmitglied umgebracht wird. Rezan erklärt, wie die Schlichtungsarbeit seines Onkels auch ihn schon davor bewahrt hat, jemanden umzubringen.
Der vorsitzende Richter des Bremer Oberlandesgerichts Klaus-Dieter Schromek hat schon des Öfteren erlebt, wie durch ethnische Schlichtungen der staatliche Rechtsanspruch unterlaufen werden sollte. Das Problem weitet sich seiner Ansicht nach aus. Um der Entwicklung entgegenzuwirken, vermittelt er anderen Richtern und Staatsanwälten, wie man Paralleljustiz erkennen und ihr begegnen kann.
Der ehemalige Kickboxweltmeister und heutige Leiter eines Security-Unternehmens, Michael Kuhr, kennt viele Mitglieder arabischer Großfamilienclans, die in Berlin die organisierte Kriminalität dominieren. Gegen einen von Ihnen hat er schon mal in einem Prozess um einen spektakulären Raubüberfall ausgesagt. Das Resultat: Ein Killer wurde auf ihn angesetzt. Nur durch eine polizeiliche Ansprache der vermeintlichen Auftraggeber konnte das Attentat verhindert werden. Heute beschäftigt Kuhr ein Mitglied einer anderen, größtenteils kriminellen Großfamilie. Hassan Berjaoui erzählt uns, wie die Clans Probleme untereinander regeln und wie der Staat aus ihren gewalttätigen Auseinandersetzungen herausgehalten wird.
Auch Profi-Boxer Manuel Charr muss sich aus einem kriminellen Milieu herauskämpfen. Als kleines Kind kommt er in den 80ern mit seiner Familie als Flüchtling des Libanon–Bürgerkriegs nach Deutschland. 2015 wird er Opfer der in diesem Milieu nicht ungewöhnlichen übertriebenen Gewaltreaktion im Rahmen von Ehrverletzungen. Nachdem es auf Facebook zu wüsten gegenseitigen Beleidigungen zwischen ihm und einem ehemaligen Schüler kam, hat ihn dieser mit einem Bauchschuss lebensgefährlich verletzt. Im anschließenden Prozess vergibt Charr seinem Schützen und verzichtet auf das ihm angebotene Schmerzensgeld. Richter und Staatsanwaltschaft können nicht nachweisen, ob es auch hier Absprachen hinter den Kulissen gab.
Sonja Fatma Bläser wurde in jungen Jahren Opfer einer Zwangsverheiratung. Heute versucht sie anderen jungen Frauen zu helfen, diesem Schicksal zu entkommen, von dem laut Schätzungen des Bundesfamilienministeriums in Deutschland mindestens 3.000 Frauen jährlich betroffen sind. Eine von Ihnen ist Ronya – nachdem sie sich weigerte den ausgewählten Mann zu heiraten wurde sie von ihrem Vater erst krankenhausreif geprügelt und als dieser sich entschied sie umzubringen, konnte sie fliehen.
Die Polizistin Tania Kambouri erzählt uns, wie sie in ihrem Alltag immer häufiger Opfer von Respektlosigkeit und Gewalt durch junge Männer mit Migrationshintergrund wird. Selbst bei einfachen Personenkontrollen kommt es zu Zusammenrottungen, mit denen polizeiliche Maßnahmen unmöglich gemacht werden. Ergebnis: die Polizei zieht sich zurück und verliert die Hoheit auf der Straße. Nur mit mehr Personal und energischem Vorgehen sei diese Entwicklung ihrer Meinung nach aufzuhalten – passiere das nicht, befürchtet sie einen großen Verlust an Sicherheit in Deutschland.
Bei der Richter-Akademie im brandenburgischen Wustrau kommen Richter und Staatsanwälte sowie Rechtswissenschaftler zusammen um über den Umgang mit diesen Formen der Paralleljustiz zu diskutieren, aber auch um die Hintergründe für dieses Verhalten zu verstehen. Einer von ihnen ist der Rechtswissenschaftler Prof. Mathias Rohe, der im Auftrag des Berliner Justizsenats eine Studie über Paralleljustiz erstellt hat und in dem Zusammenhang auch Vorschläge unterbreitet, wie man dem Phänomen begegnen sollte. Er hält es für entscheidend, dass nicht nur mehr Justiz- und Polizeipersonal eingestellt und die Präsenz der Polizei auf den Straßen erhöht wird, sondern dass auch die Integration der Migranten verbessert wird. Dazu gehört für ihn vor allem, dass den Migranten glaubhaft vermittelt wird, dass man sie nicht diskriminieren will und dass unser Grundgesetz nicht verhandelbar ist.
Sender | ZDFinfo |
Sendedatum | 02.02.2017 |
Sendezeit | 20:15 Uhr |
Länge | 45 Minuten |